Schweigen im Walde … was tun mit Männern, die sich nicht melden? von Anna Sommer
Als ich Jonas kennenlernte, fand ich ihn vor allem nett. Es war eine dieser Bekanntschaften, die man in Bars macht. Ein nettes Lächeln, ein Wort ergibt das andere und schon unterhält man sich über Urlaubsziele, während die Getränke, die man eigentlich seinen Freunden mitbringen wollte, langsam warm werden.
Jonas war Lehrer, er konnte lange und interessant erzählen und während er sprach, fielen mir seine schönen weißen Zähne auf und seine Lachfältchen, die eine positive Lebenseinstellung verrieten. Als er mich nach meiner Telefonnummer fragte, hatte ich nichts dagegen – er machte einen sympathischen Eindruck, hörte sich ganz vernünftig an … aber auch nicht zu vernünftig, dachte ich, als er von Paragliding über der ägyptischen Wüste und Tauchen im Eismeer erzählte (oder hatte ich da nicht so genau zugehört, weil ich in die Betrachtung seiner muskulösen Arme vertieft war?). Ja, Jonas durfte sich gerne bei mir melden.
Und das tat er dann auch, ein paar Tage später. Per Whatsapp.
Die Hierarchie der Kommunikationsformen
Nun betrachte ich die Rangliste der Kommunikationsformen nicht so dogmatisch wie viele andere (persönliches Gespräch > Telefonat > SMS > Whatsapp > Facebook-Chat > Facebook-Nachricht > E-Mail), denn zum einen telefoniere ich nicht so gerne mit fremden Menschen und schon gar nicht ohne Vorwarnung. Zum anderen hat jedes Kommunikationsmittel seine Daseinsberechtigung.
Jonas also schrieb mir eine freundliche Nachricht, ob ich noch einen netten Abend gehabt hätte und er sei heute bereits wieder voll im Schulalltag angekommen, müsse auch gleich eine Klassenarbeit halten.
Ich fand das belanglos bis unkonkret, freute mich aber doch ein bisschen. Also schrieb ich etwas zurück. Bezog mich auf unser Gespräch, fragte etwas nach und bot ihm – so meinte ich wenigstens – genug Aufhänger für eine etwas direktere Antwort und vielleicht auch die Nachfrage nach einem Treffen.
Die Kontaktaufnahme per Whatsapp halte ich aus gutem Grund für wenig glücklich: Whatsapp verführt dazu, ewige Nachrichten hin und her zu schreiben. Keine Zeichenbeschränkung, keine Kosten, eine Unzahl an Smileys (oder Emojis, wie sie dort heißen).
Jonas schrieb mir, gefühlt, eintausend Nachrichten. Er wurde ganz mitteilsam und meldete sich oft und gerne zwischendurch. Bisweilen garnierte er seine Messages mit bunten Bildchen, es war alles furchtbar niedlich und nett, nur eines kam nicht: Die Frage nach einem Date.
Selbst ist die Frau?
Man könnte jetzt berechtigterweise fragen: Warum schlägst du denn selbst nichts vor? Und vielleicht stimmt es, vielleicht bin ich zu konservativ und aus Jonas wäre der Mann meines Lebens geworden, hätte ich gleich zu Beginn ein Treffen eingefordert. Doch das ist nicht meine Art. Dann bin ich eben konservativ.
Es passierte dann aber doch. Jonas wollte mit mir ins Kino, wir spazierten anschließend noch etwas durch die nächtliche Stadt und an der Straßenbahnhaltestelle küsste er mich unvermittelt … das war überraschend, aber auch schön. Er lächelte mich mit seinen schneeweißen Zähnen an und hielt mich in seinen muskulösen Armen. Doch gar nicht so schlecht, dieser Jonas.
Nun kann so ein Kuss ja der Beginn von etwas sein.
Muss es aber nicht. In den folgenden Tagen bekam ich wieder Berichte aus dem Schulalltag, Emojis und Anekdötchen. Im Gegensatz zu vorher störte es mich aber nun ein wenig. Kein Wort über unseren Kuss, kein Wort über unser Date und vor allem:
Keine Anstalten, ein weiteres zu vereinbaren. Was sollte das denn nun? Wir hatten uns gut unterhalten, wir hatten einige Gemeinsamkeiten. Wir waren beide Single. Er fand mich ja wohl offenbar attraktiv genug, um mich zu küssen. Und jetzt – schon wieder nichts? Ich bekam schlechte Laune.
Und dann, von einem Tag auf den anderen, bekam ich keine Jonas-Nachrichten mehr. Erst fiel es mir gar nicht auf … als aber drei Tage vergangen waren, ohne auch nur einen lachenden Panda oder eine Palme oder ein Äffchen, wurde ich etwas unruhig. Es war ja nun nicht so, als hätte ich bereits meine Zukunft mit Jonas geplant. Dennoch, so einfach aussortiert zu werden war auch nicht schön.
Ich machte also, was jede vernünftige Frau tut, ich fragte meine Freundinnen. Annette war dafür, die Nummer zu löschen. Bine meinte, man solle ihn einfach mal anrufen. Cecilia war dagegen, überhaupt etwas mit Lehrern anzufangen. Doro fand, ich sollte doch einfach noch eine Nachricht schicken und sehen, was kommt. Und Fine plädierte für ein Foto als Gesprächsaufhänger.
Alles, was sie sagten, erschien mir total plausibel. Jede hatte irgendwie recht. Was also tun?
Abwarten und Tee trinken
Für einen Anruf war ich zu konservativ. Aber gleich seine Nummer löschen? Cecilias Meinung zu Lehrern konnte man getrost ignorieren. Blieben also die Nachricht oder das Foto. Ich entschied mich für den Mittelweg: Noch ein paar Tage zu warten.
Es wurde Tag 4, es wurde Tag 5. Sollte ich vielleicht doch noch mal was vorschlagen? Und warum wollte ich das jetzt überhaupt? Ein Lehrer, der Emojis verschickte?
Du willst ihn doch plötzlich nur, weil er dich geküsst hat und du dir jetzt irgendwas erhoffst, brachte es mein guter Freund Gregor auf den Punkt. Mit ihm hat das mal herzlich wenig zu tun. Hatte er womöglich recht? Wollte ich ihn nur, weil es mir gefiel, dass ich ihm gefiel?
Er meldet sich nicht (oder: Wenn es nichts mehr zu interpretieren gibt …)
An Tag 6 beherzigte ich Fines Rat und schickte ein Foto. Ich saß bei Sonnenschein auf der Terrasse, vor mir ein dampfender Kaffee und ein adrett zurechtgemachtes Frühstück, als „Hi wie geht’s / Wir sollten mal zusammen frühstücken“ perfekt geeignet. Wenn er darauf nicht einstieg, dann konnten wir es auch gleich lassen.
Es dauerte eine halbe Stunde, bis ich eine Antwort bekam. „Nice! Ich sitze auch grade bei Toast und O-Saft!“ schrieb er. „Später Fußball mit den Jungs“, schickte er noch nach. Ich nahm den letzten Schluck Kaffee, griff zum Telefon und löschte seine Nummer.
Gloria meint
Ich hätte erwähnt, dass ich gerne seine lustigen Reportage lese aber dass ich ein Telefonat noch mehr schätze. Ich finde das Foto mit der Einladung zum gemeinsamen Frühstück auf der Terasse zu direkt und zu plötzlich nach so langem Schweigen. Ich hätte ihn nach 2-3 Tagen spontan angerufen, hätte von einem Film oder Event gesprochen wo ich hingehen würde, ob er mal Lust hätte, dabei zu sein. Wenn nichts kommt, dann eben nicht.
Dora meint
Ich bin in einer ähnlichen Situation.. Aber die Nummer löschen? Ich bringe es nicht über mich!!
Anne meint
Hallo, ich frage mich, welchen Grund es hat, dass er mich bei WhatsApp blockiert – bei Facebook aber nicht … ich hab ihm noch über FB geschrieben, gelesen hat er es – aber nie geantwortet. Warum blockiert er mich da nicht? Danke.